Sendungsbewusstsein

Kritische Auseinandersetzung mit den Medien

Es gab keinen ausgeprägten Antisemitismus Samstag, 18. August 2007

Filed under: Antisemitismus,Deutschland,Medien,Musik — peet @ 11:27 Uhr
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In der „Welt“ von heute lese ich eine informative Vorstellung des neuen Buchs über die Geschichte des Berliner Philharmonischen Orchesters in der Nazizeit (Link). Wolf Lepenies sieht die Leistung des Authors Misha Aster (selbstverständlich eines Kanadiers, für deutsche Historiker ist das Thema uninteressant) wohlwollend positiv und beschließt den Artikel wie folgt:

Die Berliner Philharmoniker und der Nationalsozialismus – eine aufregende Geschichte. Aufregend in dem Sinn, dass das Verhalten des weltberühmten Orchesters sich vom Verhalten der meisten Deutschen nicht unterschied. Es gab keinen Widerstand gegen das Regime – aber auch keinen Enthusiasmus für die Partei und ihre Führung. Es gab keinen ausgeprägten Antisemitismus – aber auch keinen Versuch, sich gegen den Rassenwahn aufzulehnen. Dass sich der eigene musikalische Geschmack von dem der Nazis kaum unterschied, half bei der Aufrechterhaltung eines ziemlich guten Gewissens. Die Leiden und Entbehrungen der letzten Kriegsjahre dämpften ein Schuldgefühl, das ansonsten die Kraft zum Weiterleben und zum musikalischen Wiederaufbau gemindert hätte.

Ich würde sagen, gerade hier wird es erst recht aufregend. Es gab also „keinen Enthusiasmus“ für die Nazis, das Land wurde von diesen regelrecht überfallen. Achso! Und es gab auch „keinen ausgeprägten Antisemitismus“, der wurde offensichtlich auch per Befehl eingeführt. Den letzten Satz im Zitat soll ein anderer, zum Beispiel Jaspers, kommentieren, das ist mir etwas zu metaphysisch.

 

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