Sendungsbewusstsein

Kritische Auseinandersetzung mit den Medien

Meinungsfreiheit für Antisemiten Montag, 20. November 2006

Filed under: Allgemein — peet @ 9:11 Uhr
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Eine Kampagne gegen Broder, die neulich bis zum Deutschlandfunk schaffte, eine Kampagne gegen Biermann, die die TAZ tagelang unerschrocken führt, das Manifest der 25 Rentner-Professoren gegen Israel, von Frankfurter Rundschau höflich weitergeleitet, – das sind neue Bestätigungen für die Treffsicherheit der neuesten Umfragen zum Thema Antisemitismus in Deutschland.

Leserbriefe sind noch eine sichere Waffe der Medien, wenn sie sich hinter dem vox populi verstecken wollen. Wie kann man sie der Leserschaft vorenthalten, wo es doch die Stimme des Volkes sei?

Das neueste Beispiel dafür fand ich in der FAZ vom 18.11:

Der schuldbeladene deutsche Blick

Zum Artikel „Amputation einer einzigartigen Sammlung“ (F.A.Z. vom 4. November): Angesichts der nicht abreißenden Auseinandersetzungen um Ernst Ludwig Kirchners „Straßenszene“ (und mit einem Seitenblick auch auf die fünf Klimt-Gemälde aus Österreich) drängen sich einem zunehmend kritische Gedanken auf. Vorweg: Der millionenfache Mord an den Juden Europas, vor allem Osteuropas, ist und bleibt für alle Zeit ein deutsches Schandmal. Doch wenn nun heute ferne Erben eine Rückerstattung von wertvollem Kunstbesitz einklagen, dann handelt es sich bei ihnen ja gar nicht mehr um jene bedauernswerten Opfer, die selber unter der Verfolgung gelitten haben, sondern um Nachkommen oder Verwandte, die fernab in Frieden und Freiheit aufgewachsen sind. Und da scheint nun doch allmählich die Frage berechtigt, warum unsere Politiker – gewiß im Bewußtsein untilgbarer deutscher Schuld – auch heute noch und eben auch bei durchaus umstrittenen oder nicht eindeutig geklärten Restitutionsforderungen ohne langes Nachforschen ein Kunstwerk wie die Kirchnersche „Straßenszene“ haben herausgeben lassen. Vielleicht mag man es als unstatthaften Zynismus auslegen, wenn ich meine, daß beispielsweise im Falle der österreichischen Klimt-Gemälde die Erbin in Übersee sich eigentlich glücklich schätzen müßte, daß Österreich sich jahrzehntelang geweigert hat, diese Bilder auszuliefern. Denn wenn diese Bilder schon bald nach Kriegsende restituiert worden wären, dann wären sie damals von den Empfängern möglicherweise für ein paar hunderttausend Dollar verkauft worden. Heute indes sind die Gemälde bereits Zigmillionen und mehr wert. Wenn man dann noch an die geschäftstüchtigen Anwälte der Erben und die lauernden Londoner Auktionshäuser auf der einen Seite denkt und sich aber auf der anderen Seite das elende Leben und den elenden Tod der unzähligen Stetl-Juden in Osteuropa in Erinnerung ruft, die ja keinerlei Restitutionen mehr fordern können, dann sollte man doch meinen, daß dem schuldbeladenen deutschen Blick auf die Gaskammern im Osten durchaus ein kritischer Blick auf die Anwaltskanzleien in New York folgen sollte.

Adolf Althen, Unterhaching

Wie raffiniert! Wie fein ist die Feststellung, dass die Nachkommen und Verwandten der Opfer „fernab in Frieden und Freiheit“ aufgewachsen sind! Wie sittlich ist das Bedauern über „den elenden Tod der unzähligen Stetl-Juden“ und die Empörung über „die Anwaltskanzleien in New York“! Ein perfekt antisemitischer Text, wie aus dem Buche. Und eine unschuldig naive Zeitung, die ja nun ein Medium ist.